Mein Körper gehört nicht immer mir. Manchmal habe ich keine Macht über ihn. Wenn er
zittert und bebt oder wenn er stillsteht, weil er an dich denkt, dann gehört mein Körper nicht
mehr mir. Egal wie oft ich hintereinander dusche, egal wie fest ich meine Haut schrubbe. Ich
bin ein alter Baum im Park und du hast mit einem Sackmesser deinen Namen in meine
Rinde geritzt.
Ich bin ein Tonklumpen und jeder Mann, der mich mit bösen Ansichten anfasst, hinterlässt
tiefe Fingerabdrücke. Danach müssen die Furchen wieder sorgfältig ausgeglättet werden,
was lange geht und mühselige Arbeit ist. Meistens mach ich es allein. Manchmal ist
derjenige, der mir dabei hilft derselbe, der seine Finger anschliessend wieder in meine
weiche Masse bohrt.
Wie kann ich meiner Mutter in die Augen schauen,
nach all den Dingen, die ich mir habe antun lassen?
«Du musst besser auf dich aufpassen.» ist Brennsprit für das Feuer meiner Scham. Die
Schuld wird wie ein unerwünschtes Kind so lange herumgeschoben, bis ich Mitleid habe und
sie zu mir nehme. Ich weiss nicht, wie man besser auf sich aufpassen kann. Hätte
Rotkäppchen den bösen Wolf gleich erkannt, wäre sie nicht so nah ans Bett getreten.
Die Schuld kann nicht bei mir bleiben, erklärt man mir. Ich habe sie lange genug genährt und
gewärmt. Jetzt muss sie zurück nach Hause. Für gewisse Menschen ist es einfach sich vor
ihrer Schuld zu verstecken, du bist einer davon. Deswegen lege ich sie dir in deinen Garten
und schlitze deine Fahrradreifen auf.
Wie kannst du deiner Mutter in die Augen schauen,
nach all den Dingen, die du anderen (Frauen*) angetan hast?
Ein Text von Noa Asena Torsello