Aus dem Englischen übersetzt:
Wann hast du mit dem Verkauf von Drogen begonnen?
Als ich 16 war, habe ich Gras geraucht und ein paar Jahre lang auch verkauft. Dann habe ich angefangen, kiloweise Gras zu verkaufen. Das Kokaingeschäft betreibe ich jetzt seit drei Jahren. Ich habe auch MDMA, Ketamin, Amphetamin, Xanax und Ecstasy verkauft, fast alles, ausser dem wirklich beschissenen Zeug wie Heroin und Crystal Meth. Ich würde niemals Heroin verkaufen, schon gar nicht direkt an den Konsumenten, das ist mir zu abgefuckt.
Warum hast du angefangen, Kokain zu verkaufen?
Das Geld macht einfach süchtig. Damals, als ich noch Student war, habe ich mit dem Verkauf von Gras etwa 1000 Euro pro Woche verdient. Davon kann man sich zwar keinen Rolls Royce kaufen, aber man lebt anders, es ist ein Lifestyle. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, von einem normalen Gehalt zu leben. Ich werde nie ein guter Bürger sein. Soweit ich zurückdenken kann, habe ich immer schlechte Dinge gemacht, aber ich will das auch nicht ändern. So bin ich nun mal.
Wie funktioniert das Drogensystem in Antwerpen und wo bist du involviert?
Grosse Leute mit viel Geld bilden Gruppen, um Geld zusammenzulegen. Sie bekommen eine Ladung Kokain aus Südamerika, die, wenn sie hier ist, wieder aufgeteilt wird. Einige von ihnen bekommen vielleicht 50 Kilo, andere bekommen 300. Es gibt eine Möglichkeit, das Kokain hierher zu bekommen, bei der Container geklont werden. Zwei Container haben die gleiche Seriennummer, und wenn sie kontrolliert werden, wird nur der Container kontrolliert, in dem sich keine Drogen befinden. Es gibt so viele Möglichkeiten, es gibt immer einen Plan A, einen Plan B, einen Plan C und einen Plan D. Plan A könnte darin bestehen, dass man die Drogen vor dem Hafen über Bord wirft und ein kleines Fischerboot sie auffängt. Wenn dieser Plan nicht funktioniert, könnte Plan B sein, jemanden am Hafen zu bezahlen. Wenn das nicht klappt, wird jemand von weiter oben bezahlt und so weiter. Manchmal dauert es Wochen oder sogar Monate, bis die Drogen aus dem Hafen kommen, aber alles und jeder im Hafen von Antwerpen hat seinen Preis.
Die Ketten sind lang, ich kenne Leute, die weiter oben sind, aber ich komme nie mit ihnen in Kontakt. Man ist immer in Gefahr, wenn man sich auf diese Art von Geschäft einlässt. Ich arbeite immer allein; ich vertraue niemandem in diesem Geschäft. Die Person, die mir meine Drogen gibt, kennt nicht einmal meinen Namen oder meinen Wohnort. Ich benutze eine verschlüsselte Anwendung, um mit meinem Dealer in Kontakt zu treten. Er kennt nur meinen Benutzernamen auf dieser App. Das Risiko ist bei mir nicht so gross wie bei ihm, und selbst wenn er verhaftet wird, versucht die Polizei immer die Leute zu erwischen die weiter oben in der Kette stehen.
Gibt es Gangs in Antwerpen?
Es gibt definitiv Gangs in Antwerpen, aber es gibt nicht so viele Kämpfe auf der Strasse. Die Gangs arbeiten zusammen, sie tauschen oft Kontakte aus. Alle sitzen im selben Boot. Es gibt sicher gefährliche Orte in der Stadt, aber Antwerpen ist meiner Meinung nach nicht super gefährlich.
In welchen Mengen kaufst du Drogen ein?
Ich kaufe Kokain im Wert von etwa 2’000 bis 3’000 Euro pro Woche und verkaufe es dann für 3’000 bis 5’000. Aber es kommt wirklich auf die Zeit an, von September bis Dezember ist extrem viel los. Die ersten Januarwochen sind immer am schlimmsten, weil die Leute Neujahrsvorsätze haben und über Weihnachten und Neujahr viel Geld verbraucht haben. Normalerweise dauert es zwei bis drei Wochen, bis sich alles wieder normalisiert hat.
Wie kommen die Leute mit dir in Kontakt?
Ich kommuniziere immer über die vorhin erwähnte verschlüsselte App. Meine bestehenden Kund*innen fragen mich, ob sie meinen Benutzernamen an neue Leute weitergeben können, und dann sage ich ihnen, ob das in Ordnung ist oder nicht. Viele Händler haben zwei Telefone, aber ich bevorzuge nur eines, zwei Telefone sind sehr verdächtig. Ich sage den Leuten auch immer, dass sie mich nie auf meinem Telefon anrufen sollen, sondern mir nur über die App schreiben sollen.
Wie trägst du die Drogen mit dir herum?
Das ist lustig, ich trage sie in einem Kinderei herum. Da passen zwischen 15 und 20 Beutel Kokain rein und ich kann es leicht wegwerfen.
Wo bewahrst du das Geld und die Drogen auf?
Ich habe mein Geld auf einem Bankkonto, aber ich lege nie Bargeld darauf. Ich bewahre meine Sachen an einem sicheren Ort auf und versuche, nicht oft dorthin zu gehen. Ich bezahle vieles in bar, aber auch mit meiner Karte, um nicht auffällig zu wirken. Ich verstecke die Drogen irgendwo draußen, irgendwo hoch oben in einem Park oder an anderen öffentlichen Orten. Ich gehe einfach nach draussen und überlege mir, wo der Ort ist, an dem niemand suchen würde. Am häufigsten wird eine Garagenbox unter einem anderen Namen gemietet, und die Person, die die Box mietet, wird dafür bezahlt. Da musst du wirklich kreativ sein; das Wichtigste ist, dass nichts zu dir zurückverfolgt werden kann.
An welche Art von Menschen verkaufst du Drogen?
Ich würde sagen, die sind alle zwischen 18 und 35 Jahre alt. Die meisten von ihnen sind berufstätig, sie haben einen Job und ein Haus. Man sieht ihnen nicht an, dass sie Kokain konsumieren. Ich hörte auf, Drogen an Leute zu verkaufen, die mich drei Mal am Tag kontaktieren. Diese Leute sind gefährlich.
Hast du jemals Kokain genommen?
Nein, nie. Ich sehe, wie alle Menschen um mich herum drogensüchtig sind und die Menschen, die sie lieben, anlügen. Mein Ziel ist es, von nichts abhängig zu sein, deshalb habe ich auch aufgehört zu rauchen und Alkohol zu trinken. Jetzt konzentriere ich mich auf den Sport. Ich mag Kontrolle und Stabilität, Drogen zu nehmen würde das komplett zerstören.
Hast du Angst vor jemandem?
Nein. So wie ich arbeite, schulde ich niemandem Geld und niemand schuldet mir Geld. Das wäre das grösste Problem.
Hast du Angstzustände wegen dem Drogenverkauf?
Ja, sehr. Ich schlafe nicht gut, meine Träume sind schrecklich. Ich male mir ständig Horror Szenarien aus. Das hält mich aber nicht davon ab, Drogen zu verkaufen.
Wie schützt du dich?
Ich habe eine Waffe für den Fall, dass irgendetwas schief geht. Vor einiger Zeit hatte ich zwei, dann hat die Polizei direkt unter mir eine Hausdurchsuchung gemacht. Erst dachte ich, sie kommen in meine Wohnung, dann habe ich gemerkt, dass sie zu lange brauchen. Ich bin ausgeflippt; das hat mich wachgerüttelt. Dann habe ich beschlossen, keine Drogen, kein Geld und keine Waffen mehr zu Hause aufzubewahren. Ich kaufte eine Tasche mit Golfschlägern, steckte die Waffe hinein und lief so durch die Stadt. Ein anderes Mal habe ich die Waffe als Geschenk verpackt. Niemand packt ein Geschenk ohne Grund aus.
Weiss deine Familie davon?
Sie wissen, dass ich Gras verkauft habe, aber sie wissen nichts von den anderen Drogen. Meine Freunde wissen es, weil sie alle Kunden von mir sind.
Wo siehst du dich in ein paar Jahren?
Ich weiss nicht, wo die Zukunft mich hinführt, aber ich könnte durchaus grösser werden. Es ist nur sehr schwierig zu entscheiden, wem man vertrauen kann. Es geht nicht nur um dich, sondern auch um deine Freunde, deine Familie – alle sind in Gefahr. Stell dir vor, jemand zahlt 50 Millionen für einen Container, sagt etwas Dummes und der Container wird von der Polizei hochgenommen. Das ist der Moment, in dem Menschen spurlos verschwinden oder tot aufgefunden werden.