Wer bist du und machst du?
Alex: «Ich bin Alexander Zierhut, 21 Jahre alt und komme ursprünglich aus Linz. Momentan studiere ich «Management by Design» an der New Design University in Wien. Dazu arbeite ich für mehrere Künstler als Stylist, vor allem im Musikbereich. Ich führe auch ein eigenes Modelabel unter dem Namen «zierhut».
Warum hast du angefangen, Mode zu designen?
Alex: «Das kam während dem Erwachsenwerden. Mit 16 Jahren begann ich in Clubs auszugehen und habe mich immer mehr darauf geachtet, was ich trage. Mir hat es immer gut gefallen, wenn Menschen sich in Form von Kunst ausdrücken. Mode ist ein ständiger Begleiter jedes Menschen – Wir lernen schon als Kind, dass wir nicht nackt aus dem Haus gehen können (lacht). Sich damit auseinanderzusetzen, wie man sich kleidet, ist etwas Alltägliches. Das finde ich faszinierend.»
Verdienst du Geld mit deiner Mode?
Alex: «Ja, aber ich kann nicht davon leben. Dazu muss ich sagen, dass ich die Preise für meine Kleidung erhöht habe. Anfangs hatte ich tiefere Preise. So konnte ich viel verkaufen, doch irgendwie verlor die Kleidung so an Wert. Ich entschied mich dazu, mehr Zeit in die einzelnen Kleidungsstücke zu investieren. Darum habe ich die Preise erhöht. Ich schaue mir jedes Stück nochmals an und passe es an. Ich finde es in Ordnung, wenn jemand meine Preise zu hoch findet und das Geld nicht ausgeben möchte. Das nehme ich nicht persönlich.»
Wie beschreibst du deine Kleidung?
Alex: »Meine Kleidung ist sehr exzentrisch und stellt die Person, die das Stück trägt in den Vordergrund. Zum Beispiel habe ich einen Pullover mit dem Print «Sugardaddy». Das provoziert – aber die Leute finden das lustig. So ein Pullover zieht Aufmerksamkeit auf die Person, die ihn trägt. Das findet nicht jede*r angenehm. Das ist völlig OK.»
Möchtest du provozieren?
Alex: «Genau. Ich sage immer: Grenzen erkennen, und sie überschreiten. Das ist mein Motto.»
Was spielt Fashion in der Gesellschaft für eine Rolle?
Alex: «Fashion ist ein Luxus. Viele haben Spass an Mode, weil es zeigt, wie gut es uns geht. Es ist ein Privileg, sich in Form von Mode ausdrücken zu können. Eine modische Gesellschaft ist eine privilegierte Gesellschaft.»
Wie muss man sich den Prozess von Idee bis Produktion vorstellen?
Alex: «Zuerst wähle ich die Rohlinge aus. Da sind mir Aspekte wie Nachhaltigkeit, Qualität, Stoffdicke und Elastizität sehr wichtig. Ich probiere diese Rohlinge selber an, um zu schauen, wie sie sich auf der Haut anfühlen. Im Anschluss bedrucke ich sie mit einem digitalen Textilprinter. Dann trage ich den «Prototypen» einen Tag lang. So merke ich, was mich daran stört. Anhand dieser Erfahrung adaptiere und modifiziere ich das Kleidungsstück laufend. So ein Prozess kann sehr schnell, aber auch sehr lange dauern. Das ist immer unterschiedlich.»
Wer oder was inspiriert dich?
Alex: «Verschiedene Dinge. Frauen inspirieren mich sehr. Auch Dinge, die mich provozieren oder eine starke Emotion – egal ob gut oder schlecht – in mir auslösen. Jetzt trage ich einen Pullover, der «Muse» heisst. Darauf siehst du verschiedene Frauen, die mich in den letzten Jahren inspiriert haben. Es geht nicht darum, dass alle wissen, wer diese Frauen sind. Es soll cool aussehen und einen Vibe haben. Für mich ist es wichtig, dass meine Kleidungsstücke für mich Sinn ergeben. Ich muss die Story nicht allen Personen erzählen.»
Die Fashionindustrie wird laufend kritisiert. Schliesslich leiden Umwelt und Mensch bei der Textilproduktion. Wie gehst du damit um?
Alex: »Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig, wie den meisten Käufer*innen heutzutage. Ich würde niemanden einen Gefallen tun, nicht auf Nachhaltigkeit zu achten.»
Nachhaltige Kleidung zu produzieren ist sehr schwierig.
Alex: «Ja, es ist schwierig. Ich kaufe meine Rohlinge von einer belgischen Firma, die viel Wert auf Nachhaltigkeit legt. Bisher löse ich das mit der Nachhaltigkeit ganz gut. Ich vertraue auch den Menschen, mit denen ich arbeite. In Zukunft wird Nachhaltigkeit immer eine grössere Rolle spielen. Meine Prognose ist «zerowaste» und Vintage-Mode. Secondhand-Kleidung boomt zurzeit und hat es in den letzten Jahren auf den kommerziellen Markt geschafft. «Recycled fabric» wird sicherlich auch ein wichtiges Thema in Zukunft sein.»
Gibt es Dinge, die du an der Fashionindustrie ändern möchtest?
Alex: «Wenn du mich fragst, sollten wir Zara und H&M sofort zusperren. Das ist einfach fürchterlich. Wenn du erst mal weisst, wie teuer ein Meter Stoff ist oder wie hoch die Lieferkosten von China nach Europa sind, dann wird dir klar, dass jede Person in dieser Produktionskette ausgenutzt wird. Geil ist es nur für die Konsument*innen, die ein T-Shirt für 3 Euro kaufen können. Alle diese Geschäfte, die einen so hohen Co2-Ausstoss haben, müssen abgeschafft werden oder höher besteuert werden.»
Was rätst du neuen, jungen Designer*innen?
Alex: «In den ersten Jahren sollte man sich keinen Stress machen und sich genug Zeit nehmen. Verschiedenes ausprobieren und den eigenen Stil finden ist sehr wichtig. Designer*innen werden dann spannend, wenn sie ihren eigenen Stil gefunden haben und sich innerhalb ihres Universums kreativ ausleben.»
Was möchtest du in Zukunft noch erreichen?
Alex: «Ich möchte, dass andere Menschen teil an meiner Modebegeisterung haben können. Es spielt mir keine Rolle, ob ich mal als Stylist oder Designer arbeiten werde. Hauptsache ich kann mich in der Modewelt kreativ einbringen.»
Zum Schluss: Welches ist deiner Meinung nach die schlimmste Modesünde?
Alex: «Ich finde, dass eine spannende Frage (lacht). Das ist auch schwierig zu beantworten, da ich vor allem provokante Kleidung mag. Ich sage: Die grösste Modesünde ist dem Mainstream zu folgen und sich nichts zu trauen.»
Möchtest du noch etwas sagen?
Alex: «Macht euer Ding und lasst euch Zeit! Und es ist unglaublich wichtig, jeden kleinen kreativen Schritt, den man nach vorne macht, zu schätzen.»
Credits
Designerarbeiten: Alexander Zierhut / Foto: Tim Zoidl
Stylingarbeiten: Vienna Hollywood / Foto: Jonas Höschl