Ziviler Ungehorsam im Kampf gegen den Klimawandel

Am 22. Oktober blockierten die Kimaaktivist*innen von Renovate Switzerland erneut eine Strasse, diesmal in Genf. Der zivile Ungehorsam als Protestmethode ist nicht neu, spaltet aber die Meinung der Bevölkerung.


Die Sonne scheint idyllisch durch die Bäume, während ich angespannt durch den Parc des Eaux-Vives laufe. Gleich treffe ich mich hier mit den Aktivist*innen von Renovate Switzerland. Vor einem halben Jahr habe ich Renovate Switzerland bei der Planung ihrer ersten Aktion mit der Kamera begleitet, viele Blockaden folgten. Heute plant Renovate Switzerland eine weitere Aktion, diesmal in Genf.  Was sie vorhaben, ist mir unbekannt. Klar ist, dass wieder ziviler Ungehorsam ausgeübt wird. Dies schon zum achten Mal in diesem Monat. Die grosse Mobilisierungskampagne geht langsam in die Endrunde und hat das Ziel, eine Million Häuser zu renovieren, die eine Notdämmung brauchen.

Die Gruppe der Aktivist*innen ist bunt durchmischt – von der 77-jährigen Rentnerin bis zum 20 Jahre alten Studenten. Mit dabei ist auch Moritz. Er studiert nebenbei Maschinenbau im Master an der ETH. Die meiste Zeit widmet er aber Renovate Switzerland. Er ist zuständig für die Koordination der Legal-Gruppe, die für alle rechtlichen Fragen und Probleme der Aktivist*innen verantwortlich ist. Moritz hat schon viele Aktionen mitgeplant. Heute sitzt er zum ersten Mal selbst auf der Strasse.

«Ich glaube, ich habe schon oft genug gesehen, wie so eine Aktion abläuft, aber ich bin mir unsicher, was mit mir emotional passieren wird”, erzählt er mir. Angst vor Konfrontationen hat Moritz nicht. «Beleidigungen interessieren mich in keiner Weise. Wenn mich jemand auf Französisch anschreit, verstehe ich die Person eh nicht», sagt er lachend.

Im Bus ist die Stimmung angespannt. Moritz sagt nichts. Die restlichen Aktivist*innen scheinen auch in ihren Gedanken versunken zu sein. Alle wirken konzentriert – der Bus Alltag nimmt seinen gewohnten Lauf. Niklas, der Fotograf, fragt Moritz, wie es ihm geht: «Den Umständen entsprechend geht es mir gut», meint er.

Die Aktivist*innen laufen auf die Strasse. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Wo die Aktion stattfinden soll, wissen wir nicht. Gemäss Moritz kennen aus Sicherheitsgründen nicht einmal alle Aktivist*innen die genaue Location. Ich frage Moritz, ob er sich an den Asphalt kleben wird. «Nein, ich werde mich nicht anleimen», antwortet er mir. Der Bus hält an, ein älterer Herr in einem roten Frack steigt aus. Der Bus nimmt wieder Fahrt auf. «Wieso nicht?», möchte ich von ihm wissen. Moritz meint: «Bei einer zukünftigen Aktion kann ich mir es vorstellen, im Moment aber nicht. Ich möchte meinen Eltern entgegenkommen. Dass meine Mitmenschen und ich an der Strasse angeklebt schutzlos ausgeliefert sind, macht ihnen Angst.»

Der Bus drosselt sein Tempo. Auf dem Bus-Bildschirm wird die Haltestelle «Mont-Blanc» angezeigt. Moritz signalisiert mir mit einem Kopfnicken, dass dies unsere Endstation ist. Ab jetzt geht alles schnell. Angekommen auf der Mont-Blanc Brücke erteilt ein Aktivist die Anweisung, die Westen anzuziehen. Kurz darauf betreten sie die Strasse, stoppen die Autos, verteilen den Autofahrenden Informationsblätter und breiten ihre Banner aus. Zu Beginn fällt es den Aktivist*innen schwer, alle Spuren zu blockieren. Motorräder rollen über die Transparente, Autos schlängeln sich durch die Spuren – Das Chaos hat begonnen.

Moritz in den ersten Minuten der Blockade. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Kaum haben die Aktivist*innen die Situation im Griff, fahren bereits die ersten Streifenwagen auf die Brücke. Die Verstärkung kommt schnell. Vier der sechs Aktivist*innen bringen Leim auf ihre mit «collé» beschrifteten Hände an.

Einer der Zivilpolizisten schickt mich von der Brücke weg, genaue Gründe werden zu Beginn nicht genannt. Ein Polizist, der die Brücke bewacht, wird von einem Journalisten gefragt, was er hier genau mache. Der Polizist meint: «I don‘t know what I’m doing. I’m here to block the street».

Die 77-Jährige Aktivistin trägt Leim auf die Hand auf. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Die Stimmung bei den Autofahrenden ist gereizt. Auch bei der immer grösser werdenden Zuschauermenge ist Unverständnis für die Aktion vorhanden. Jeremy F. ist der Meinung: «They can‘t do it like that». Laut Jeremy gibt es so viele andere Probleme auf der Welt. Zudem bewirke man auf diese Art und Weise nichts. Ein Mann, der lieber anonym bleiben möchte, mag die Aktion auch nicht. Nachdem die Polizei die Mont-Blanc Brücke gesperrt hat, könne er sie nicht mehr zu Fuss überqueren. 100 Meter weiter befindet sich jedoch die Fussgängerbrücke «Ponte des Bergues».

Die Strasse ist blockiert. Die Autos müssen umkehren. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Während die Emotionen bei gewissen Menschen hochkommen, fahren Polizeiautos vor die Aktivist*innen und versperren die Sicht. Auf Anfrage meint der Pressesprecher der Kantonspolizei Genf, Silvain Guillaume-Gentil, dass dies das erste Mal sei, dass sie Polizeiwagen vor die Aktivst*innen stellten. Laut dem Pressesprecher macht die Polizei dies, um einen physischen Schutz vor den Demonstranten zu haben. «Stellen Sie sich vor, ein Auto oder Ähnliches hätte ein technisches Problem, oder die Lenkerin oder der Lenker hätte zum Beispiel einen Schwächeanfall und könnte nicht bremsen», erklärt Guillaume-Gentil.

Passanten und Journalist*innen dürfen die Brücke nicht mehr betreten. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Immer wieder klatschen Menschen hinter dem Absperrband den Aktivist*innen zu. Einer der Applaudierenden ist Matthieu Chagnard. Er ist der Meinung: «Diese Art von Aktionen sind essenziell, weil wir schon seit Jahrzehnten versuchen, auf die Erderwärmung zu reagieren und etwas zu ändern. Namentlich mit internationalen Konferenzen, Wahlen und viel Vertrauen in die Politik. Aber nichts ändert sich, weil die Frage nach Geld, Wirtschaft und Business immer im Raum steht. Wir „normalen“ Leute müssen reagieren, und zwar schnell, auch mit solchen Aktionen.»

Immer wieder klatschen Passanten den Aktivist*innen zu. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Es wirkt so, als ob Renovate Switzerland bei den Passant*innen im Verlauf der Blockade immer mehr Sympathien als rauchende Köpfe verursacht. Die meisten Leute, mit denen ich spreche, haben Sympathie für die Aktivist*innen und finden solche Aktionen gut.
Dies ist nicht überraschend. Gemäss Renovate Switzerland sagen sechs von zehn Personen, dass die thermische Gebäuderenovierung in der Schweiz für den Bundesrat Priorität haben soll. Dies sei das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Link-Institut im Auftrag von Renovate Switzerland durchgeführt habe.

Um dieses sehr ambitionierte Ziel zu erreichen, braucht es die Politik.
Mike Egger, SVP-Nationalrat und Mitglied der Umweltkommission, hat eine klare Meinung zu Renovate Switzerland und dem zivilen Ungehorsam. Beim SRF sagt er:
«Die illegalen Handlungen sind mit aller Härte zu bestrafen. Es ist absoluter Irrsinn.»

Auch der Basler SP-Nationalrat Mustafa Atici sagt beim SRF: «Er hält solch radikale Aktionen für schädlich. Damit verspiele man Sympathien, betont der linke Politiker. Dabei brauchen wir bei diesem Thema die Unterstützung von allen.» Die Forderungen nach schärferen Klimaschutzmassnahmen seien in der Politik angekommen, sagt der Nationalrat. Erst recht in links-grün regierten Städten wie in Zürich oder Bern.»

Ein Aktivist, umgeben von zivilen Polizisten. (Bild: Niklas Eschenmoser)

In der Politik stösst zivile Ungehorsamkeit auf Unverständnis und Kritik. Doch was haltet der protestfreudige Klimastreik von solchen Aktionen?

Anna Lindermeier vom Klimastreik findet: «Der zivile Widerstand ist eine sehr legitime Protestmethode. Ich finde es vor allem lustig, wie sich die Leute öffentlich viel mehr darüber aufregen, wenn jemand Tomatensauce an eine Glasscheibe schmiert, die vor einem Van Gogh Bild hängt, als wenn der Bund im Jahr 2022 ohne demokratische Mitsprachemöglichkeiten beschliesst, Ölkraftwerke in der Schweiz zu bauen.» Gemäss Lindermeier wird beim Klimastreik oft über den zivilen Ungehorsam als eine Methode diskutiert, die sie auch schon in der Vergangenheit angewendet haben. Im Moment sprechen die Aktivist*innen vom Klimastreik aber mehr über ihre eigentlichen Ziele, welche dann auch die Methodik bestimmen. Anna Lindermeier fügt hinzu: «Wenn es das Ziel ist, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, dass man mehr Gebäude renovieren soll, dann hat Renovate Switzerland das erreicht. Ich glaube aber nicht, dass dies die richtige Methode ist, damit diese Forderung auch umgesetzt wird.»

Am nächsten Tag erkundige ich mich bei Moritz, dem ETH-Student, nach seinem Wohlbefinden. Er schreibt mir, dass es ihm gut gehe und er froh ist, dass er mitgemacht hat. Er fühle sich “empowered”, braucht aber noch ein paar Tage, um zu realisieren, was er gemacht hat. Er schreibt: «Es ist alles so schnell passiert, es ist alles noch ein bisschen chaotisch in meinem Kopf. Aber als ich auf der Strasse sass, fühlte ich mich gut, also am richtigen Ort.»

Eine Aktivistin, die sich am Boden festgeklebet hat. (Bild: Niklas Eschenmoser)

Ziviler Ungehorsam im Kampf gegen den Klimawandel

Von Philip Vornholt (Text) und Niklas Eschenmoser (Bilder), 27. Oktober 2022

Am 22. Oktober blockierten die Kimaaktivist*innen von Renovate Switzerland erneut eine Strasse, diesmal in Genf. Der zivile Ungehorsam als Protestmethode ist nicht neu, spaltet aber die Meinung der Bevölkerung.

Die Sonne scheint idyllisch durch die Bäume, während ich angespannt durch den Parc des Eaux-Vives laufe. Gleich treffe ich mich hier mit den Aktivist*innen von Renovate Switzerland. Vor einem halben Jahr habe ich Renovate Switzerland bei der Planung ihrer ersten Aktion mit der Kamera begleitet, viele Blockaden folgten. Heute plant Renovate Switzerland eine weitere Aktion, diesmal in Genf.  Was sie vorhaben, ist mir unbekannt. Klar ist, dass wieder ziviler Ungehorsam ausgeübt wird. Dies schon zum achten Mal in diesem Monat. Die grosse Mobilisierungskampagne geht langsam in die Endrunde und hat das Ziel, eine Million Häuser zu renovieren, die eine Notdämmung brauchen.

Die Gruppe der Aktivist*innen ist bunt durchmischt – von der 77-jährigen Rentnerin bis zum 20 Jahre alten Studenten. Mit dabei ist auch Moritz. Er studiert nebenbei Maschinenbau im Master an der ETH. Die meiste Zeit widmet er aber Renovate Switzerland. Er ist zuständig für die Koordination der Legal-Gruppe, die für alle rechtlichen Fragen und Probleme der Aktivist*innen verantwortlich ist. Moritz hat schon viele Aktionen mitgeplant. Heute sitzt er zum ersten Mal selbst auf der Strasse.

«Ich glaube, ich habe schon oft genug gesehen, wie so eine Aktion abläuft, aber ich bin mir unsicher, was mit mir emotional passieren wird”, erzählt er mir. Angst vor Konfrontationen hat Moritz nicht. «Beleidigungen interessieren mich in keiner Weise. Wenn mich jemand auf Französisch anschreit, verstehe ich die Person eh nicht», sagt er lachend.

Im Bus ist die Stimmung angespannt. Moritz sagt nichts. Die restlichen Aktivist*innen scheinen auch in ihren Gedanken versunken zu sein. Alle wirken konzentriert – der Bus Alltag nimmt seinen gewohnten Lauf. Niklas, der Fotograf, fragt Moritz, wie es ihm geht: «Den Umständen entsprechend geht es mir gut», meint er.

Wo die Aktion stattfinden soll, wissen wir nicht. Gemäss Moritz kennen aus Sicherheitsgründen nicht einmal alle Aktivist*innen die genaue Location. Ich frage Moritz, ob er sich an den Asphalt kleben wird. «Nein, ich werde mich nicht anleimen», antwortet er mir. Der Bus hält an, ein älterer Herr in einem roten Frack steigt aus. Der Bus nimmt wieder Fahrt auf. «Wieso nicht?», möchte ich von ihm wissen. Moritz meint: «Bei einer zukünftigen Aktion kann ich mir es vorstellen, im Moment aber nicht. Ich möchte meinen Eltern entgegenkommen. Dass meine Mitmenschen und ich an der Strasse angeklebt schutzlos ausgeliefert sind, macht ihnen Angst.»

Der Bus drosselt sein Tempo. Auf dem Bus-Bildschirm wird die Haltestelle «Mont-Blanc» angezeigt. Moritz signalisiert mir mit einem Kopfnicken, dass dies unsere Endstation ist. Ab jetzt geht alles schnell. Angekommen auf der Mont-Blanc Brücke erteilt ein Aktivist die Anweisung, die Westen anzuziehen. Kurz darauf betreten sie die Strasse, stoppen die Autos, verteilen den Autofahrenden Informationsblätter und breiten ihre Banner aus. Zu Beginn fällt es den Aktivist*innen schwer, alle Spuren zu blockieren. Motorräder rollen über die Transparente, Autos schlängeln sich durch die Spuren – Das Chaos hat begonnen.

Kaum haben die Aktivist*innen die Situation im Griff, fahren bereits die ersten Streifenwagen auf die Brücke. Die Verstärkung kommt schnell. Vier der sechs Aktivist*innen bringen Leim auf ihre mit «collé» beschrifteten Hände an.

Einer der Zivilpolizisten schickt mich von der Brücke weg, genaue Gründe werden zu Beginn nicht genannt. Ein Polizist, der die Brücke bewacht, wird von einem Journalisten gefragt, was er hier genau mache. Der Polizist meint: «I don‘t know what I’m doing. I’m here to block the street».

Die Stimmung bei den Autofahrenden ist gereizt. Auch bei der immer grösser werdenden Zuschauermenge ist Unverständnis für die Aktion vorhanden. Jeremy F. ist der Meinung: «They can‘t do it like that». Laut Jeremy gibt es so viele andere Probleme auf der Welt. Zudem bewirke man auf diese Art und Weise nichts. Ein Mann, der lieber anonym bleiben möchte, mag die Aktion auch nicht. Nachdem die Polizei die Mont-Blanc Brücke gesperrt hat, könne er sie nicht mehr zu Fuss überqueren. 100 Meter weiter befindet sich jedoch die Fussgängerbrücke «Ponte des Bergues».

Während die Emotionen bei gewissen Menschen hochkommen, fahren Polizeiautos vor die Aktivist*innen und versperren die Sicht. Auf Anfrage meint der Pressesprecher der Kantonspolizei Genf, Silvain Guillaume-Gentil, dass dies das erste Mal sei, dass sie Polizeiwagen vor die Aktivst*innen stellten. Laut dem Pressesprecher macht die Polizei dies, um einen physischen Schutz vor den Demonstranten zu haben. «Stellen Sie sich vor, ein Auto oder Ähnliches hätte ein technisches Problem, oder die Lenkerin oder der Lenker hätte zum Beispiel einen Schwächeanfall und könnte nicht bremsen», erklärt Guillaume-Gentil.

Immer wieder klatschen Menschen hinter dem Absperrband den Aktivist*innen zu. Einer der Applaudierenden ist Matthieu Chagnard. Er ist der Meinung: «Diese Art von Aktionen sind essenziell, weil wir schon seit Jahrzehnten versuchen, auf die Erderwärmung zu reagieren und etwas zu ändern. Namentlich mit internationalen Konferenzen, Wahlen und viel Vertrauen in die Politik. Aber nichts ändert sich, weil die Frage nach Geld, Wirtschaft und Business immer im Raum steht. Wir „normalen“ Leute müssen reagieren, und zwar schnell, auch mit solchen Aktionen.»

Es wirkt so, als ob Renovate Switzerland bei den Passant*innen im Verlauf der Blockade immer mehr Sympathien als rauchende Köpfe verursacht. Die meisten Leute, mit denen ich spreche, haben Sympathie für die Aktivist*innen und finden solche Aktionen gut.
Dies ist nicht überraschend. Gemäss Renovate Switzerland sagen sechs von zehn Personen, dass die thermische Gebäuderenovierung in der Schweiz für den Bundesrat Priorität haben soll. Dies sei das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Link-Institut im Auftrag von Renovate Switzerland durchgeführt habe.

Um dieses sehr ambitionierte Ziel zu erreichen, braucht es die Politik.
Mike Egger, SVP-Nationalrat und Mitglied der Umweltkommission, hat eine klare Meinung zu Renovate Switzerland und dem zivilen Ungehorsam. Beim SRF sagt er:
«Die illegalen Handlungen sind mit aller Härte zu bestrafen. Es ist absoluter Irrsinn.»

Auch der Basler SP-Nationalrat Mustafa Atici sagt beim SRF: «Er hält solch radikale Aktionen für schädlich. Damit verspiele man Sympathien, betont der linke Politiker. Dabei brauchen wir bei diesem Thema die Unterstützung von allen.» Die Forderungen nach schärferen Klimaschutzmassnahmen seien in der Politik angekommen, sagt der Nationalrat. Erst recht in links-grün regierten Städten wie in Zürich oder Bern.»

In der Politik stösst zivile Ungehorsamkeit auf Unverständnis und Kritik. Doch was haltet der protestfreudige Klimastreik von solchen Aktionen?

Anna Lindermeier vom Klimastreik findet: «Der zivile Widerstand ist eine sehr legitime Protestmethode. Ich finde es vor allem lustig, wie sich die Leute öffentlich viel mehr darüber aufregen, wenn jemand Tomatensauce an eine Glasscheibe schmiert, die vor einem Van Gogh Bild hängt, als wenn der Bund im Jahr 2022 ohne demokratische Mitsprachemöglichkeiten beschliesst, Ölkraftwerke in der Schweiz zu bauen.» Gemäss Lindermeier wird beim Klimastreik oft über den zivilen Ungehorsam als eine Methode diskutiert, die sie auch schon in der Vergangenheit angewendet haben. Im Moment sprechen die Aktivist*innen vom Klimastreik aber mehr über ihre eigentlichen Ziele, welche dann auch die Methodik bestimmen. Anna Lindermeier fügt hinzu: «Wenn es das Ziel ist, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, dass man mehr Gebäude renovieren soll, dann hat Renovate Switzerland das erreicht. Ich glaube aber nicht, dass dies die richtige Methode ist, damit diese Forderung auch umgesetzt wird.»


Am nächsten Tag erkundige ich mich bei Moritz, dem ETH-Student, nach seinem Wohlbefinden. Er schreibt mir, dass es ihm gut gehe und er froh ist, dass er mitgemacht hat. Er fühle sich “empowered”, braucht aber noch ein paar Tage, um zu realisieren, was er gemacht hat. Er schreibt: «Es ist alles so schnell passiert, es ist alles noch ein bisschen chaotisch in meinem Kopf. Aber als ich auf der Strasse sass, fühlte ich mich gut, also am richtigen Ort.»

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